Der Face-ism-Index in der Kommunikation

Bei der Frage und der Recherche nach dem optimalen Portraitfoto bin ich über den Begriff des Face-ism-Index gestolpert. Diese Theorie soll über die relative Prominenz des Gesichtsausschnittes von Männern und Frauen in Portraitaufnahmen informieren. Face-ism kann aus insbesondere im Marketing und in der Kommunikation ein äußerst interessanter Aspekt sein.

Der Begriff Face-ism wurde durch Archer, Iritani, Kimes und Barrios definiert, welche in ihren fünf Studien die geschlechtlichen Unterschiede in der facialen Prominenz untersuchten. Je nach Ausgangssituation einer Gesellschaft und der zeitlichen Weiterentwicklung kann der Face-ism von Männern weitaus höher liegen als der von Frauen. Dabei basiert die Ermittlung des Face-ism-Index aus dem rechnerischen Verhältnis von zwei einfachen Messungen:

  1. der Abstand zwischen dem höchsten Punkt des Kopfes und dem tiefsten sichtbaren Punkt des Kinns
  2. der Abstand zwischen dem höchsten Punkt des Kopfes und dem tiefsten sichtbaren Teil des Körpers einer Person

Dabei betonen Bilder, die sich auf das Gesicht einer Person konzentrieren, deren Intellekt. Mit zunehmender Darstellung des Körpers und somit eines sinkendem Face-ism-Index reduziert sich diese Wirkung. Ein hoher Face-ism-Index vermittelt somit dem Betrachter ein hohes Maß an Intelligenz, Autorität, Kompetenz und Glaubwürdigkeit. Diese Eigenschaften werden in unserer Gesellschaft üblicherweise Führungskräften zugeschrieben. Bei Frauen hingegen, wo der Face-ism-Index im Vergleich zu Männern niedriger ausfällt, wird insgesamt eine Betonung auf den Körper generiert.

Die Relevanz der Studien kann sich auf Medien und Marketing deutlich auswirken: Face-ism wird gezielt in der Werbung eingesetzt, egal ob Plakat, Print, Online oder TV. Ein Parfüm für Frauen wird in der klassischen Ideologie der Werbung üblicherweise als Geschenk durch die Männer überreicht oder mit einem Mann typisiert. Die Werbeanzeige hierzu muss logischerweise einem niedrigeren Face-ism unterliegen als die Parfüm-Werbung für ein Eau de Toilette.

Zwar lässt sich der Face-ism-Index nur begrenzt auf die Kinderportraitfotografie anwenden, denn ein hoher Face-ism würde dabei eher das Kindchenschema begünstigen. Ein niedriger Index verstärkt hierbei den Eindruck der natürlichen Gelassenheit von Kindern. Anderer Portraitaufnahmen wie z.B. bei der Hochzeitsfotografie sollten ebenso wenig vom Face-ism-Index abhängig sein. Viele Bilder leben eher von dem Moment und dem Augenblick, als dass man ein zu hohes Augenmerk auf den Face-ism legen sollte. Auch bei Bewerbungsfotos kann der Face-ism-Index einen entscheidenden Einfluss auf die Personaler haben, schließlich sagt ein Bild bekanntlich noch immer mehr als Worte.

Doch vor allem in der Plakatwerbung rund um politische Großereignisse wie die verschiedenen Wahlen kann Face-ism den Sieger in den Köpfen der Wähler küren. Ein gut gewählter Face-ism-Index eine politische Persönlichkeit im Wahlkampf hervorheben oder die Stimmen verlieren.

Fest steht, je nach gewünschter Zielgruppe und gekoppelter Werbebotschaft kann die Wahl des richtigen Face-ism eine Botschaft noch stärker transportieren – oder deutlich schwächer. In jedem Fall kann der Face-ism-Index einem Kommunikatoren dabei helfen, eine bestimmte Nachricht zu transportieren. Die Relevanz und zugleich die Aussagekraft des Face-ism-Index für Marketing und Kommunikation zielt letztlich einzig und allein auf das Empfinden des jeweiligen Betrachters ab. Ob die Botschaft in der gewünschten Form beim Betrachter unter den Aspekten des Face-ism ankommt, hängt immer von dessem persönlichen Interpretationsspielraum und Affinität zu dem jeweiligen Werbemotiv ab.


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